"Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen."
Shownotes
Internationale Fachkräfte nach und in Berlin - Was brauchen Berliner Unternehmen, um mit internationalen Talenten leichter ihren Fachkräftebedarf decken zu können?
Was brauchen Berliner Unternehmen, um mit internationalen Talenten leichter ihren Fachkräftebedarf decken zu können?
O-Ton-Geberinnen und O-Ton-Geber in order of appearance:
Liana Georgiewa, IHK Berlin, Moderatorin auf der Veranstaltung “Work in Berlin – Talente gewinnen. Vielfalt gestalten. Zukunft sichern.” am 12.06.2025 im Ludwig Erhard Haus
Katarina Niewiedzial, Beauftragte des Berliner Senats für Partizipation, Integration und Migration
Benjamin Böhm, Geschäftsführer der Leasyro GmbH
Alexander Wilhelm, Leiter Internationale Beziehungen (Bundesagentur für Arbeit)
DanLahiri Agboli, Geschäftsführer der office company Gruppe und Mitglied der Vollversammlung der IHK Berlin
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00:00:00: Bildung X-Business. Der Podcast.
00:00:06: Wir leben in einer alternden Gesellschaft, wir sind dem demografischen Wandel ausgesetzt.
00:00:16: Als Softwareunternehmen mit super modernen Technologien,
00:00:20: habe ich natürlich immer einen Untersuch, der möglichst 20 Jahre Berufserfahrung hat,
00:00:24: in Technologien, die es erst seit zwei Jahren gibt. Also schon echt schwer.
00:00:27: Ich kann sagen, dass ich sehr froh bin, weil ich einfach Berlin sehr mag und ich will jetzt nicht mehr weg.
00:00:35: Sehr schön.
00:00:36: Und dann bei der Abwicklung selbst, den ganzen Papierkram sage ich jetzt mal,
00:00:41: hätte ich alleine auf jeden Fall nicht hingekriegt, schon gar nicht in der Zeit.
00:00:44: Herzlich willkommen zu Folge 14 unseres Podcasts "Bildung X-Business".
00:00:52: Wir haben in der vergangenen Folge eine mutmachende, gute Laune-Geschichte gehört.
00:00:57: Die Matching-Geschichte von Selim, IT-Fachkraft aus der Türkei,
00:01:02: dem Berliner IT-Unternehmer Ben und Agentin Judith aus Berlin, die einander gesucht und gefunden haben,
00:01:09: so dass Selim mittlerweile in Berlin bei Ben arbeitet. Alle happy.
00:01:13: Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland und auch das Binden von Fachkräften
00:01:20: ist eine komplexe Angelegenheit. In dieser Folge fragen wir daher generell nochmal,
00:01:26: Was denken Sie, brauchen Berliner Unternehmen, um mit internationalen Talenten leichter ihren Fachkräftebedarf decken zu können?
00:01:33: Das war die Leitfrage des Zukunfts-Dialogs, die Kollegin Liana Georgieva formuliert hat.
00:01:38: Die O-Töne haben wir von einer Veranstaltung der IHK Berlin abgezappt.
00:01:42: "Work in Berlin" hieß es im Ludwig Erhard Haus am 12. Juni.
00:01:46: Mit von der Partie war auch Katharina Nivicao beauftragte des Berliner Senats für Partizipation, Integration und Migration.
00:01:55: "Die Institution, für die ich arbeite, die seit den 80er Jahren besteht,
00:02:00: nämlich die beauftragte des Senats für Integration und Migration gehört eindeutig zu dem Team Offenheit.
00:02:05: Es gibt nämlich auch ein Team Geschlossenheit in unserer Gesellschaft."
00:02:09: Als beauftragte des Berliner Senats für Partizipation, Integration und Migration gehört auch,
00:02:15: das Willkommenszentrum zu ihr.
00:02:17: "Ganz am Anfang hieß es noch eine Beratungsstelle für ausländische Bürger oder so etwas.
00:02:23: Heute heißt das eben Willkommenszentrum und ich bin sehr stolz, dass wir dieses Wort auch wirklich haben,
00:02:28: weil ich immer noch eine Großanhängerin bin von der Willkommenskultur als Wort.
00:02:34: Und zwar so verstanden, dass unsere Institutionen wirklich auch als Service-Einrichtung sich verstehen
00:02:40: und alle Menschen willkommen heißen."
00:02:42: Beratung aus einer Hand.
00:02:44: Also eine Anlaufstelle für rechtliche Fragen zu Aufenthaltsstatus, Arbeiten oder Wohnen,
00:02:50: das findet Katharina Niewitschau wichtig.
00:02:52: Noch wichtiger findet sie in Zukunft die Beratung aus dem Willkommenszentrum mehr mit den Ämtern zu verknüpfen,
00:02:59: sodass nach Berlin migrierte Menschen ihre Behördengänge direkt vor Ort und alles in einem Auffarsch erledigen können.
00:03:05: Aber das ist noch Zukunftsmusik.
00:03:07: Klar ist, um in Zukunft mehr internationale Fachkräfte nach Berlin zu bekommen, muss Bürokratie abgebaut werden.
00:03:15: Visum, Aufenthaltstitel, Anerkennung des Berufsabschlusses, alles bürokratische Hürden,
00:03:21: mit denen die Fachkräfte aber auch sie als Unternehmerin oder Unternehmer zu kämpfen haben.
00:03:27: Und da fordert Niewitschau auch von den Mitgliedern der IHK Berlin, also von unseren Unternehmerinnen und Unternehmern klare Vorschläge.
00:03:35: Also einfach nur zu sagen Bürokratieabbau ist zu wenig.
00:03:40: Ich glaube, wir müssen das noch viel intensiver von Ihnen hören, was genau sollten wir anders machen.
00:03:47: Fordern Sie wirklich sehr konkret die einzelnen Schritte und fordern Sie auch mehr Innovation.
00:03:52: Wie sieht es denn eigentlich aus mit dem Ankommen der internationalen Talente?
00:03:58: Da gibt es eine jüngere Studie von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
00:04:04: kennen wir als OECD, in Auftrag gegeben von der Bundesagentur für Arbeit.
00:04:09: Da wurden rund 30.000 internationale Fachkräfte befragt, die Interesse hatten, nach Deutschland zu kommen.
00:04:16: Und da gab es mehrere Befragungen nach bestimmten Zeitabschnitten.
00:04:20: Jedenfalls kam heraus, dass gerade mal 5% tatsächlich nach Deutschland gezogen sind.
00:04:26: Und am Ende bleibt nur jede zweite Fachkraft.
00:04:30: Deswegen geht es für Unternehmerinnen und Unternehmer nicht nur um das Recruiting internationaler Fachkräfte,
00:04:36: sondern auch darum, dass die Fachkräfte bleiben, dass sie sich ans Unternehmen binden.
00:04:41: Findet auch Benjamin Böhm, Geschäftsführer von Leasy Row.
00:04:45: Es ist ja eigentlich wichtig, auch als Unternehmer, dauerhaft sich damit zu beschäftigen,
00:04:48: was brauche ich eigentlich morgen und übermorgen.
00:04:51: Da muss ich auch sagen, es ist noch ein bisschen Verantwortung bei mir selbst als Unternehmer.
00:04:55: Wenn ein Ingenieur mit seiner Familie kommt und dieses Motto "Happy wife, happy life" nicht funktioniert,
00:05:03: dann wird auch dieser tolle Ingenieur auch mal ausreisen.
00:05:07: Weil seine Familie hier irgendwie nicht wirklich angekommen ist.
00:05:10: Kann ja auch der Mann abreisen, will ich sozusagen jetzt nicht so Seriotypen hier verbreiten.
00:05:17: Aber ich hoffe, sie verstehen, was ich meine.
00:05:19: Also das Umfeld ist wichtig, die Familie ist wichtig und sozusagen das soziale Leben ist wichtig.
00:05:24: Mitarbeiterin zu halten ist so viel mehr kostet
00:05:28: so viel mehr Aufwand als Leute einzustellen und anzulernen, dass da natürlich der Fokus
00:05:33: auch draufliegen muss.
00:05:34: Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen.
00:05:37: Das Zitat stammt von dem Schriftsteller Max Frisch.
00:05:41: 1965, als er das schrieb, ging es noch um italienische Gastarbeiter.
00:05:47: Was ist damit gemeint?
00:05:48: Die Integration von Menschen hört nicht mit dem Zustande kommen eines Arbeitsvertrags
00:05:53: auf.
00:05:54: Da gehört mehr dazu.
00:05:56: Es findet auch Alexander Wilhelm, Leiter internationale Beziehungen, der Bundesagentur
00:06:01: für Arbeit.
00:06:02: Deswegen ist tatsächlich der entscheidende Fokus, dass die Prozesse gut funktionieren
00:06:06: und dass wir vor allen Dingen viel mehr tun für eine gut funktionierende Integration
00:06:10: hier in Deutschland, soziale, gesellschaftliche Integration und eben diese Aspekte mit berücksichtigen.
00:06:15: Und das wiederum verlangt von Betrieben verwalterische, aber auch integrative Arbeit.
00:06:21: Eine Extrameile, die Unternehmerinnen und Unternehmer dagehen müssen.
00:06:24: Eine Extrameile zur Fachkräftegewinnung, die auch mit Kosten verbunden ist.
00:06:29: Und genau hier geht beim Zukunftsforum die Diskussion los.
00:06:33: Es kommt immer ganz schnell die Frage, wer nimmt mir denn die ganzen Kosten ab für
00:06:37: die Auslandsrekrutierung?
00:06:38: Und dann würde ich immer die Gegenfrage stellen und würde sagen, wer nimmt einem Unternehmen
00:06:42: denn im Inland die Kosten ab für die Rekrutierung?
00:06:45: Im Inland bezahlt ihnen doch auch keiner ihre Anzeige irgendwo in der Zeitung, wenn sie
00:06:50: oder auf irgendeinem Jobportal, da bezahlt ihnen auch niemand den Recruiter, den sie
00:06:55: beauftragen oder den Headhunter.
00:06:57: Also eine Auslandsrekrutierung kostet genauso Geld und ist genauso eine Investition, eine
00:07:03: betriebliche Investition, wie viele andere Anschaffungen die Betrieb auch machen muss
00:07:07: oder eben eine Personalrekrutierung, die er in Deutschland machen muss.
00:07:11: Die Reaktion auf die Aussage von Alexander Wilhelm von der Bundesagentur für Arbeit lässt
00:07:16: nicht lange auf sich warten.
00:07:18: Dan Lairi-Arkboli sitzt auch beim Zukunftsforum.
00:07:21: Ja, ich sitze ja, wie Sie schon sagten, praktisch sozusagen in Doppelfunktion oder in Doppelrolle
00:07:25: hier, einerseits als Berliner Unternehmer im IT-Bereich und im Industrie-Servicebereich
00:07:30: und andererseits halt als Wirtschaftsvertreter in der Vollversammlung.
00:07:33: Und jetzt nutze ich den Raum, den ich gerade bekommen habe von Ihnen gleich mal, dass
00:07:38: ich Ihnen ein bisschen widersprechen darf, Herr Wilhelm, weil das kann ich wiederum
00:07:41: als Vertreter der Berliner Wirtschaft so im Raum nicht stehen lassen.
00:07:44: Rekrutinkosten im Ausland sind deutlich höher und das Risiko ist deutlich höher behaftet
00:07:49: und wenn wir schauen, dass die Fachkräftegewinnung auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
00:07:54: ist, da sind Kosten, wir haben Sprachkostematiken, aber ich glaube schon, dass das zu kurz gesprungen
00:07:59: ist, wenn ich insbesondere für die Berliner Wirtschaft sprechen darf, die vor allem geprägt
00:08:03: ist von kleineren Betrieben, die überhaupt nicht in der Lage sind, die schon eigentlich
00:08:08: fast damit überfordert sind, die Rekrutinkosten im Inland zu tragen, diese zusätzlichen Kosten,
00:08:14: die einerseits entstehen, aber auch die Aufwendungen, das abumzusetzen, was indirekt dann ja auch
00:08:20: wieder Kosten sind, kaum abbilden können.
00:08:22: Wilhelm kommt um die Kritik an seiner Aussage nicht herum und rudert etwas zurück.
00:08:27: Schließlich gäbe es staatliche Programme, Fördermöglichkeiten und Beratungsangebote
00:08:32: zur Unterstützung bei der internationalen Rekrutierung.
00:08:35: Dann gibt es ganz viele Möglichkeiten auch Fördermittel zu nutzen für den Spracherwerb
00:08:39: in Deutschland, wir haben teilweise Möglichkeiten auch, dass der Spracherwerb im Ausland gefördert
00:08:44: wird.
00:08:45: Wir haben ganz viele Möglichkeiten, auch die betriebliche Anerkennung, z.B. wird finanziell
00:08:50: gefördert von der Bundesagentur für Arbeit im Kontext des Anerkennungsverfahrens.
00:08:55: Zusammenfassung
00:08:56: Am Ende also die Frage, wer trägt eigentlich die Kosten für das Ganze und die scheint noch
00:09:00: nicht ganz geklärt zu sein.
00:09:02: Bürokratische Hürden, die sicherlich die eine oder den anderen Unternehmer abschreckt.
00:09:07: Und eine fehlende Willkommenskultur selbst in einer Stadt wie Berlin, obwohl die international
00:09:13: und multikulturell geprägt ist.
00:09:15: Das sind alles Herausforderungen, die Berlin und seine Unternehmerinnen und Unternehmer
00:09:20: in den kommenden Jahren weiter beschäftigen werden.
00:09:22: Also meine Erfahrung ist, die Offenheit muss da sein und auch das Bewusstsein, dass es
00:09:27: ein bisschen ein Mehraufwand ist.
00:09:29: Offenheit ist die wichtigste hier, denke ich.
00:09:31: Offenheit ist das A und O.
00:09:33: Also ich gehör auf jeden Fall auch zu dem Team Offenheit.
00:09:35: Wir könnten doppelt so groß sein und doppelt so viel erwirtschaften, wenn wir ausreichend
00:09:40: Fachkräfte hätten.
00:09:41: Ich bin Studentin, kann ich hier arbeiten, wie viele Stunden kann ich hier arbeiten.
00:09:45: Das heißt, es ist ja eigentlich wichtig, auch als Unternehmer, dauerhaft sich damit
00:09:48: zu beschäftigen, was brauche ich eigentlich morgen und übermorgen.
00:09:51: Es kommt immer ganz schnell die Frage, wer nimmt mir denn die ganzen Kosten ab für
00:09:55: die Auslandsrekrutierung?
00:09:56: Das kann ich wiederum als Vertreter der Berliner Wirtschaft so im Raum nicht stehen lassen.
00:10:00: Rekrutingkosten im Ausland sind deutlich höher.
00:10:03: Wir bieten diese Förderung, gerade um kleine und mittelständische Unternehmen anzusprechen
00:10:08: und den sozusagen diesen Weg zum ersten Mal vielleicht zu ermöglichen.
00:10:12: Also einfach nur zu sagen, Bürokratieabbau ist zu wenig.
00:10:17: Man muss diesen neuen Platz eine Heimat nennen dürfen.
00:10:20: Sprache, Sprache, Sprache ist natürlich ein Thema, aber Kultur, Kultur, Kultur auch.
00:10:25: Und das ist, glaube ich, vor allen Dingen auch wichtig.
00:10:27: Und ich bin auch der Meinung, dass wir das ein bisschen systematischer im größeren
00:10:32: Ziel brauchen, als einfach nur zu sagen, jedes Unternehmen macht das irgendwie alleine.
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